Wir sind begeistert! Im August trat das 500. Mitglied in den Bundesverband Filmschnitt Editor ein, wir durften Stefanie Trossen herzlich willkommen heißen. Und mit der Unterstützung von Adobe konnten wir ihr auch noch eine Überraschung als Begrüßungsgeschenk überreichen.
Die gebürtige Fränkin Stefanie arbeitet seit 2012 in ihrer Wahlheimat Köln als Editorin. In den letzten sechs Jahren hat sie sich schon eine beeindruckende Vita zusammengeschnitten. Natürlich sind wir neugierig wieso, weshalb und warum Stefanie Trossen zu der Editorin wurde, die sie heute ist. Und wieso sie uns als Editor*innen rät, das „Rheinische Grundgesetz“ zu beachten: „Et hätt noch emmer joot jejange.“
BFS: Liebe Steffi, Gratulation zur Mitgliedschaft im BFS. Wir hoffen Du hast ein schönes Wochenende?
Stefanie: Ja, ich war im Kino und habe mir den Lady Gaga-Film „A Star is Born“ angesehen. Nach dem Trailer war ich mir nicht ganz sicher wie der Film wird. Anfangs ist es ungewohnt, weil vieles dokumentarisch gedreht wurde und man diese oft unscharfen, „unsauberen“ Szenen nicht von Hollywoodfilmen gewohnt ist. Aber das legt sich nach der Zeit und man gewöhnt sich dran. Es passt einfach super zu dem Thema und macht alles sehr authentisch und nahbar für den Zuschauer. Das hat Bradley Cooper echt gut gemacht. Lohnt sich. Lohnt sich wirklich!
BFS: Wie bist du zum Bundesverband Filmschnitt Editor gekommen?
Stefanie: Viele Kollegen haben mir vom BFS erzählt, unter anderem Kathi Opel, die eine Postproduktion in Berlin hat. Sie sagte: „Wenn du irgendwelche Fragen oder Probleme hast, die setzten sich für uns alle ein.“ Und ich finde es einfach super, wenn man einen Verein hat, in einer Branche, wo jeder so ein Einzelkämpfer ist. Sehr viele sind selbständig. Es ist wichtig, dass man sich organsiert und auch selber stark macht. Es gibt immer wieder Probleme, die uns das Leben komplizierter machen. Sei es das Finanzamt oder die Sozialversicherungen. Und da ist es gut, wenn man die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch hat und sich gegenseitig hilft.
BFS: Hast du schon Erfahrungen im Verband gemacht?
Stefanie: Ja, zum Beispiel finde ich dieses Forum unglaublich hilfreich. Man kann eine Frage stellen und die ganze Community hilft. Die antworten so schnell und die Hilfsbereitschaft ist toll. Du hast das gesammelte Wissen der Gemeinschaft. Ein anderes Mal habe ich mich wegen einer Berufshaftpflicht erkundigt. Da habe ich erfahren, dass Silke Spahr (Geschäftsführerin des BFS) einen Deal mit einer Versicherung ausgehandelt hat, den du als Einzelkämpfer nicht unbedingt hinbekommst. Geschweige denn die mega Beratung, da die ja gar nicht wissen, wie wir uns als Editoren absichern müssen.
BFS: Wie findest du den Ton im Forum?
Stefanie (lacht wieder): Ja, manchmal ein bisschen schwierig, aber an sich – wie gesagt – sehr hilfreich. Alle sind sehr höflich, aber manche verstricken sich zu sehr in Themen oder Formulierungen. Das artet dann schon mal aus. Aber wir sind alle Künstler und das liegt wohl so in unseren Genen. Ich finde das Forum super und man kann sich ja einen Ordner einrichten. Dann bekommt man nicht jede einzelne E-Mail mit und wenn man Zeit hat, liest man nach und kann alles finden.
BFS: Jour Fixes?
Stefanie: Ich war erst bei zweien, aber den mit der Agentur für Editoren fand ich sehr interessant. Es ist ein schwieriges Thema, ich hatte da auch meine Bedenken. Meine Stammkunden sind da vielleicht nicht so glücklich, wenn jemand Drittes kommt, um mein Gehalt auszuhandeln. Aber da werden sich Lösungen finden. Und Mal sehen mit welchen Vorschlägen sie auf uns zukommen.
BFS: In welchem Bereich unsere Branche arbeitest du denn hauptsächlich?
Stefanie: Ich bin als Filmeditorin hauptsächlich im Fernsehbereich tätig, viele Shows: „Das Ding des Jahres“, „Beat the Box“, “Eine Liga für sich”. Viel Dokutainment: „First Dates – Ein Tisch für Zwei“, „Vorstellungsgespräch“ oder auch „Hubert und Matthias – die Hochzeit“. Und ab und an auch Nachrichten beim WDR. Es konzentriert sich insgesamt auf den Bereich Dokutainment und Dokumentation.
BFS: Was hat dich dazu bewogen Editorin zu werden?
Stefanie (lacht): Ne gute Story. Ich habe eigentlich erst Tontechnik studiert und einen Bachelor in Audio Production (Middlesex University, London) gemacht. Eigentlich war mein Traum seit der Oberstufe Soziale Arbeit zu studieren um Streetworkerin zu werden. Dafür bin ich nach dem Abitur für ein soziales Jahr nach Südafrika gegangen und habe dort mit Straßenkindern in einem Outdoor Education Centre bzw. einem Kinderheim gearbeitet. Das Jahr hat mir vor Augen geführt, dass ich die Leute sehr schätze, die so etwas machen, und dass die Arbeit sehr spannend ist. Aber ich habe auch gemerkt, wie schwer es mir fiel Berufliches und Privates zu trennen. Die Probleme der Kids haben mich so mitgenommen, dass ich nicht mehr abschalten konnte.
Dann entschied ich mich in den Musikbereich einzusteigen, also Produzentin oder so etwas in dieser Richtung zu werden. Als ich damit fertig wurde, war der Hype um die CD aber schon vorbei und es sah nicht mehr so gut aus. Aber ich wollte nicht als Veranstaltungstechniker enden. Ich habe überlegt: „Was machst du denn jetzt?“ Film und Fernsehen hat mich immer schon interessiert und dann habe ich mich entschieden noch eine Ausbildung zur Mediengestalterin bei einer kleinen Postproduktionsfirma (Pro Media) zu machen, um die Bildkomponente kennen zu lernen. Die haben die Postproduktion für “DSDS” oder auch den WDR “Land und Lecker” gemacht. Es war eine verkürzte Ausbildung, da sie mein Studium anerkannt haben. Das hat sehr viel Spaß gemacht und da habe ich beschlossen – das will ich auf jeden Fall machen.
BFS: Deine Vita ist schon recht eindrucksvoll. Wie lange bist du schon dabei?
Stefanie: Ich finde es spannend immer neue unterschiedlichen Projekte zu arbeiten, ich bin da auch sehr offen. Anfangs habe ich auch mal in die Richtung (Spiel-)Film gedacht, aber es ist recht schwer da reinzukommen. Während ich den Kurzfilm eines befreundeten Regisseurs geschnitten habe, kamen die ersten Angebote von diversen Fernseh-Postproduktionsfirmen. Das war schon verlockend. Und wenn du einmal in der Ecke Fernsehen in Köln bist, ist es irgendwie unheimlich: Du bekommst Angebote ohne Ende. Es ist Wahnsinn. Dieses Jahr hätte ich mich fünfteilen können. Es ist so super gelaufen.
BFS: Ist die Abwechslung Fluch oder Segen?
Stefanie: Es ist beides. Einerseits möchte man seine festen Projekte haben, weil man die Leute kennt und weiß, was einen erwartet. Anderseits finde ich es sehr cool, denn das macht ja auch den freien Filmeditor aus, dass man nie weiß: „Was passiert jetzt als Nächstes? Was ist das für ein Format?“ Man lernt einfach so unglaublich dazu. Neue Workflows, neue Teams, neue Arten Fernsehen zu erzählen. Das finde ich mega spannend. Bei der Anfrage von „Hubert und Matthias- die Hochzeit“ von der Endemol Shine Group zum Beispiel, hatte ich anfangs echt Bedenken, dass das in Richtung Trash abdriftet. Aber ich wurde positiv überrascht; es wurde konsequent dokumentarisch gedreht, wir hatten Zeit und Freiheiten, die einzelnen Charaktere auszuarbeiten und Musik in Ruhe auszusuchen. Zudem war die Zusammenarbeit mit dem Autor und den anderen Editoren sehr spannend. Im Endeffekt bin ich sehr froh, dass ich es doch gemacht habe, es hat mir vieles gelehrt.
BFS: Wie stellst du dir deine Zukunft vor?
Stefanie: Alsooooo, mein ursprünglicher Wunsch war (Stefanie lacht). Also, meinen Peak habe ich erreicht, wenn ich einen „Tatort“ mache (Stefanie lacht noch immer), mittlerweile sehe ich das etwas realistischer. Mein Traum ist es aber immer noch in Richtung fiktionalen Formaten zu gehen. Nicht unbedingt Spielfilm, aber mich würde eine Serie total interessieren. Diese ganzen neuen Serien, die für On Demand gemacht werden, oder auch öffentlich-rechtlich zum Beispiel „Babylon Berlin“. Das finde ich mega.
Und Langzeit-Dokumentationen, Umweltthemen, Ernährung oder ähnliches. Das über einen langen Zeitraum Recherche erfordert und man dann mehr Zeit hat. Mehr Zeit auf Akzente zu achten. Dass man mal ausprobieren kann, wie die Szene wirkt, wenn ich sie noch 12 Frames stehen lasse oder welche Musik wirklich passt. Zeitstress und Abgabetermine machen einem da oft einen Strich durch die Rechnung.
BFS: Eine technische Frage, auf welchen Systemen schneidest du?
Stefanie: Ich arbeite auf Avid und Premiere. Und beide Systeme haben etwas für sich. Bei Avid schätzte ich, dass die Performance unheimlich gut ist. Also man muss den Avid schon ganz schön quälen, damit er in die Knie geht. Er ist sehr stabil, wenn mehrere Leute an einem Projekt arbeiten. Die Fehlermeldungen sind meistens logisch und nachvollziehbar. Aber ich habe lange gebraucht um reinzukommen, einfach machen funktioniert da nicht. Man muss sich Tutorials angucken und Handbücher lesen. Avid ist längst nicht so intuitiv wie Premiere. Premiere finde ich cool, weil man das umkodieren nicht hat und in der Regel mit allen Codecs sofort arbeiten kann. Und bei der Arbeit ist viel Trial and Error, das hat so einen Consumer-Freundlichkeit, finde ich. Und dann natürlich die Vielfalt. Wenn man mit einem Programm von Adobe arbeitet, dann kann man mit After Effects weitermachen, mit dem Media-Encoder, mit dem Soundtool. Du hast einfach ein ganzes Paket und das funktioniert echt super. Da sind die führend.
BFS: Wie verteilt sich deine Arbeit auf diesen Systemen?
Stefanie: Leider ist es so, mit Premiere habe ich nur einen Kunden, der Kölner Markt ist noch sehr auf Avid basiert. Ich glaube aber, Premiere kommt immer mehr. Richtung Werbung ist viel auf Premiere, oder auch Imagefilme et cetera. Wenn ich von zu Hause arbeite, nutze ich lieber Premiere. Man ist so unabhängig und das Handling ist so viel einfacher.
BFS: Du hast auch schon Workshops auf Premiere gegeben.
Stefanie: Ja, für den WDR. Die haben mitbekommen, dass ich viel auf Premiere arbeite und drehen öfter mal mit zwei, drei Kameras so Akustik-Sets mit verschiedenen Musikern. Die haben mich gefragt, ob ich den Mitarbeitern von WDR 5 oder Funkhaus Europa die Basics erklären könnte und das habe ich gerne gemacht. Aber ich bin nicht offizieller Ausbilder oder so etwas.
BFS: Na, dann haben wir ja das Richtige für Dich. Adobe sponsort unserem 500. Mitglied eine Adobe Cloud-Lizenz für ein Jahr!
Stefanie: Jippiiiii!
BFS: Themenwechsel. Wie steht es mit der Gendergerechtigkeit in deinem Umfeld?
Stefanie: Ich kann das nur von Köln sagen, da ich meistens hier unterwegs bin. Es kommt mir so vor, dass der Gender Pay-Gap unter freien Editoren nicht so besteht wie in anderen Branchen. Aber nur was den freien Markt angeht. Was Festangestellte beziehungsweise befristete Arbeitsverträge angeht, habe ich die Erfahrung gemacht, dass es das gibt. Bevor ich frei war, also in befristeten Arbeitsverhältnissen, hatte ich das ja auch. Wenn ich mich mit Editoren unterhalten habe hatte ich das Gefühl, die konnten genauso viel wie ich. Aber entweder hatten sie mehr ausgehandelt, oder ich hatte per se das Gefühl, denen wurde mehr zugetraut. Und die Frauen wurden mehr gedrückt.
Das empfinde ich aber nicht mehr so, seit ich selbständig bin. Mir kommt es so vor, als komme es mehr auf den Menschen an sich an, auf die Qualifikationen und die Projekte, die man gemacht hat. Und auf das Verhandlungsgeschick.
BFS: Was erhoffst du dir noch vom Verband?
Stefanie: Dass er sich für die Gagen einsetzt. Dass die Sensibilität der Sender gegenüber unserem Beruf hochgeschraubt wird. Dass die kreative Leistung entsprechend honoriert wird ?– nicht nur in Form von Gage, sondern auch in Form von Respekt und Anerkennung für unsere Berufsgruppe. Vielleicht mehr Werkstattgespräche und Kollegen die aus anderen Städten kommen, um den Austausch anzukurbeln. Und mehr Austausch mit den Filmhochschulen, anderen Verbänden, Gewerken wie Kamera, Ton et cetera. Und am Liebsten am Wochenende.
BFS: Kannst du dir vorstellen Aufgaben innerhalb des Verbandes zu übernehmen?
Stefanie: Momentan noch nicht, ich fühle mich noch nicht so gereift in der Szene. Ich denke mir oft, da sind noch so viele Dinge, die auf mich zukommen. Vorsorge oder Gehalt zum Beispiel. Am Anfang denkt man, boah, was für ein Gehalt. Aber wenn man das mal durch die Rechner schickt, dann wird einem schnell klar, dass das alles nicht so rosig ist. Da wir als Selbständige ja nach dem Leistungsprinzip abrechnen, wird einem schnell klar, dass man schon gucken muss, wenn man mal Krankheitsausfälle hat. Ich war zwar davor schon immer wenig krank, aber seit der Selbständigkeit überlege ich es mir zweimal, nicht zur Arbeit zu gehen. Bist du krank gibt es einfach kein Geld. So ist es einfach. Aber vielleicht übernehme ich später mal Aufgaben im Verband.
BFS: In deiner Branche ist es nicht so üblich auf Lohnsteuer zu arbeiten?
Stefanie: Es wird immer mehr. Es gab früher nur befristete Arbeitsverhältnisse oder ganz freie. Ich habe mich für Zweiteres entschieden, aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass dieses tageweise auf Lohnsteuer arbeiten wieder im Kommen ist. Und auch, dass der Satz dafür ganz schön nach oben gegangen ist. Ich habe das Gefühl, dass ich mehr davon habe, als auf Rechnung zu arbeiten. Scheint also wieder erwägenswert.
BFS: Möchtest du noch ein Wort an deine Verbandskollegen richten?
Stefanie: Ich glaube, dass das Fernsehen, das Medium, sich in den nächsten Jahren ändert. Aber die Angst, die viele haben, dass das alles verschwindet und dass wir alle irgendwann arbeitslos sind (Stefanie lacht) und die ganze Branche eine große Krise hat; das wird nicht passieren. Ich glaube, es ist sogar gerade eine große Chance, auch für Leute, die jetzt neu in der Branche anfangen. Mit den Serien und der enormen Nachfrage, die dahinter steht, wird das professionelle, mit einem professionellen Auge geschnittene Format, sich halten und sogar noch weiter wachsen. Denn Unterhaltung wird es immer geben und insofern sollte man positive in die Zukunft blicken. „Et hätt noch emmer joot jejange“ (Es ist bisher noch immer gut gegangen), wie wir hier in Köln sagen.