Zum Hauptinhalt springen

Der Kurzarbeit-Tarifvertrag für Filmproduktionen und Filmproduktions- unternehmen

| Aktuelles zur Corona-Krise

Kurzarbeits-Tarifvertrag für Filmproduktionen und Filmproduktionsunternehmen

Zwischen
Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen e. V. (Berlin) einerseits
und
Bundesverband der Film und Fernsehschauspieler e. V. – BFFS-Vorstand sowie
ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesvorstand (Berlin) anderseits
wird der folgende Tarifvertrag geschlossen.


1.    Anwendungsbereich
1.1.    Dieser Kurzarbeits-Tarifvertrag ergänzt die zwischen den Tarifparteien geltenden Tarifverträge und gilt für auf Produktionsdauer-Beschäftigte mit Ausnahme der Filmschaffenden i.S.d. § 1 Abs. 5 MTV TV FFS.
1.2.    Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass es sich bei einer Produktion um einen Betriebsteil i.S.d. Kurzarbeitsregelungen handelt.
1.3.    Die Tarifvertragsparteien gehen weiter davon aus, dass der Abbruch einer Produktion
unabhängig davon, ob Dreharbeiten aufgrund teilweise unklarer Allgemeinverfügungen als ausdrücklich untersagt anzusehen sind, - wegen der auch für Produktionen zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem Corona-Virus geltenden Auflagen als ein unabwendbares, die Anordnung von Kurzarbeit rechtfertigendes Ereignis anzusehen ist. Den Tarifvertragsparteien ist jedoch bewusst, dass die Entscheidung über einen Abbruch, wenn es nicht eine behördliche Untersagung gibt, von dem Produktionsunternehmen unter Abwägung aller Umstände insbesondere zum Gesundheitsschutz in jedem Einzelfall getroffen werden muss.

2.    Grundlagen zur Kurzarbeit
Der Tarifvertrag dient der Abwendung von massenhaften Kündigungen durch Produktionsunternehmen und von wirtschaftlichen Härten für auf Produktionsdauer Beschäftigte und eröffnet bzw. erleichtert die Bewilligung von Kurzarbeitsgeld durch die Agentur für Arbeit an die jeweilige Produktionsfirma. Insb. auf Produktionsdauer beschäftigte Filmschaffende sind auf die Einkünfte aus einzelnen Projekten, für deren Dauer sie befristet beschäftigt werden, in besonderer Weise angewiesen, ebenso auf die daraus resultierenden Sozialversicherungsanwartschaften.

3.    Auslösung der Kurzarbeit
Für den Fall eines Produktionsabbruchs, einer Produktionsverschiebung oder einer zeitweiligen Stilllegung von Produktionsarbeiten kann ein Produktionsunternehmen für alle oder einzelne Betriebsteile Kurzarbeit im notwendigen Ausmaß anordnen, bis hin zur „Kurzarbeit Null“.

4.    Meldung der Produktion und des Unternehmens
4.1.    Zusammen mit dem Antrag auf Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit meldet die Produktionsfirma den Tarifparteien die Anordnung von Kurzarbeit, deren Beginn, deren Dauer sowie die Anzahl der betroffenen Beschäftigten.
4.2.    Die Tarifvertragsparteien werden die ihnen gem. Ziff. 4.1 mitgeteilten Informationen vertraulich behandeln.

5.    Bestimmungen zur Kurzarbeit, Dauer
5.1.    Die Kurzarbeit wird für eine festgelegte Dauer angeordnet.
5.2.    Besteht der Grund für die Anordnung der Kurzarbeit nach Ablauf der zunächst festgelegten Zeit fort, so kann die Dauer der Kurzarbeit vom Produktionsunternehmen einoder auch mehrmals bis zur jeweiligen gesetzlichen Höchstgrenze verlängert werden.

6.    Beschäftigungssicherung
6.1.    Für die Dauer der angeordneten Kurzarbeit wird die Beschäftigung gesichert, eine vorzeitige Beendigung ist für beide Vertragsparteien ausgeschlossen. Sollte aus welchen Gründen auch immer die Bundesanstalt für Arbeit die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitsgeld als nicht gegeben ansehen, entfällt diese Kündigungssperre.
6.2.    Auch für den Fall, dass die Laufzeit des individuellen Arbeitsvertrages während der angeordneten Kurzarbeit oder in zeitlicher Nähe zum Ende der angeordneten Kurzarbeit endet, gehen die Tarifpartner davon aus, dass sich Produktionsunternehmen und Filmschaffende über die Fortsetzung der Produktionstätigkeiten und Dreharbeiten zu unveränderten Bedingungen einigen, soweit nicht im Einzelfall andere bereits zum Zeitpunkt der Anordnung der Kurzarbeit vereinbarte Engagements entgegenstehen.

7.    Zuschuss zum Kurzarbeitsgeld
7.1.    Für die Dauer der Kurzarbeit wird der/m von der Anordnung der Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten zusätzlich zum Kurzarbeitsgeld ein Unterschiedsbetrag als Zuschussbetrag gezahlt, der in der Nettowirkung den Einkünften entspricht, die ihm/ihr bei Zahlung der Bemessungsgröße netto ausgezahlt würde. Die zuzüglichen Sozialversicherungsbeiträge zum Zuschussbetrag werden als Bestandteile des Bruttoentgelts abgerechnet und im Rahmen der gesetzlichen Regeln von der Bundesanstalt der Arbeit übernommen.
7.2.    Bei auf Produktionsdauer beschäftigten Filmschaffenden, für die der Gagentarifvertrag vom 29. Mai 2018 eine Tarifgage vorsieht, ist die Bemessungsgröße für den vom Produktionsunternehmen zu leistenden Zuschuss zum Kurzarbeitsgeld die im geltenden Gagentarifvertrag festgelegte Tarifgage, höchstens jedoch die einschlägige Beitragsbemessungsgrenze1. Bei auf Produktionsdauer Beschäftigten, für die der Gagentarifvertrag vom 29. Mai 2018 keine Tarifgage vorsieht, ist die Bemessungsgröße für den vom Produktionsunternehmen zu leistenden Zuschuss die individuell vereinbarte Gage, höchstens jedoch die einschlägige Beitragsbemessungsgrenze.
7.3.    Für Schauspieler*innen gilt als Bemessungsgröße die Summe der für den Kalendermonat vereinbarten Drehtagsgagen, höchstens jedoch 90% der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Bei mehreren Beschäftigungen der Schauspieler*innen in einem Monat werden die Schauspieler*innen das Produktionsunternehmen von entsprechenden weiteren Engagements informieren.

1 Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) beträgt 6900,- Euro (West) und 6450,- Euro (Ost)
 

8.    Laufzeit und Anwendung
8.1.    Diese Tarifvereinbarung gilt bis zum 31.12. 2020. Sie kann von beiden Tarifvertragsparteien mit einer Frist von zwei Wochen, frühestens zum 30. 06. 2020 gekündigt werden.
8.2.    Sie gilt für die Anordnung von Kurzarbeit durch tarifgebundene Produktionsunternehmen, die nach dem Tag der Unterzeichnung dieses Tarifvertrages, das ist der 24. März 2020, angeordnet wird. Sie schließt für den Fall, dass nicht beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind, individualvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung zu treffende Regelungen zur Kurzarbeit nicht aus, die dann diesem Tarifvertrag vorgehen.
8.3.    Von nicht tarifgebundenen Unternehmen kann die Anwendung dieses Kurzarbeits-Tarifvertrag individualvertraglich oder per Betriebsvereinbarung vereinbart werden.
8.4.    Für seit dem 01.03.2020 bis zum Tag der Unterzeichnung dieses Tarifvertrages bereits vereinbarte oder angeordnete Kurzarbeit kann durch einseitige Erklärung des Produktionsunternehmens die Geltung dieses Kurzarbeits-Tarifvertrages erklärt werden, soweit sich aus einer solchen Anwendung eine Besserstellung für die Beschäftigten ergibt. Die Inanspruchnahme einer sich hierdurch ergebenden Besserstellung setzt die individualvertragliche Inbezugnahme der Regelung gem. 6.2. voraus. Be- triebsvereinbarungen, die bereits vor Abschluss dieses Tarifvertrages abgeschlossen wurden, werden durch diesen Tarifvertrag nicht ersetzt.


Berlin, 24. März 2020

Bundesverband der Film und Fernseh- schauspieler e. V. – BFFS-Vorstand    ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesvorstand


Leslie Malton    

Christoph Schmitz

Heinrich Schafmeister    

Matthias von Fintel

Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen e. V.

Alexander Thies    

Christoph Palmer

Mathias Schwarz